Kürzlich hatte ich Besuch eines Freundes. Ich wusste, dass er kurz zuvor geschieden wurde. Nach 8 Jahren Ehe und einem Kind. Er erzählte mir von einer Odyssee mehrerer Paartherapien und Beratungen, die alle nicht zu einer wesentliche Verbesserung oder Erleichterung geführt hätten. Es sei oberflächlich geblieben und hauptsächlich an der gemeinsamen Kommunikation gearbeitet worden.
Mich hat dies sehr traurig gestimmt. Denn, es hilft nicht die Spitze des Eisberges zu besteigen, um dort oben besser reden zu können, wenn darunter die Katastrophe wartet.
Miteinander reden können, über das was uns bedrückt, uns schmerzt, ist durchaus eine gute Sache. Viele Paare reden auch miteinander, es hilft oft leider garnicht und endet in einer Endlosschlaufe von Diskussionen. Denn, wenn es um tiefliegende Ängste geht, inneren Schmerz und Verzweiflung, Depressionen, Neurosen, Scham- und Schuldgefühle, uvm. dann ist ein offenes Gespräch, ohne einander zu überfordern, sogar eine Lösung zu finden, fast unmöglich. Es gibt viele Thematiken in unserem Paarleben, die, wenn sie in den Partnerschaften angesprochen werden, mehr Abwehr, Wut, Angst und Gegenwehr zutage fördern und so die gebrauchte, benötigte Reaktion ausbleibt. Das Ergebnis: der Eisberg wird noch grösser, das System der Abwehr massiver. Das was wir hören, fühlen, spüren, sehen müssten, um eine innere Wendung zu ermöglichen, kann uns unserer Gegenüber, in diesen Diskussionsmomenten, nicht liefern.
Die erkennende Sicht von aussen, das Betrachten des Gesamten Paarkosmos, das Bewusstmachen der Dynamik und der versteckten Gesichter hinter dem schmerzenden Drama, das Erschaffen eines Zugangs zu Gefühlen, Bedürfnissen und zum eigenen Körper. Das alles, wünschte ich, wäre meinem Freund und seiner Frau ermöglicht worden.
Corinna Müller
29. März 2019